In einer Sommerserie stellt die HZ einige Urlaubsgäste und -orte der Hersbrucker Alb vor: Wer kommt warum zu uns, was schätzen, was vermissen die Gäste? Derzeit veranstaltet der Lions Club auf einer privaten Wiese in Peuerling ein großes Zeltlager für Jugendliche aus ganz Deutschland. Und natürlich tragen die örtlichen Club-Aktiven dazu bei, daß auch Jugendliche Gäste einen guten Eindruck vom Hersbrucker Land mit nach Hause nehmen.
ENGELTHAL - Die letzte Garnitur
saubere Wäsche wird aus dem Rucksack gezogen, Lollies gibt's schon lang
keine mehr, und die bretonische Tröte schafft es morgens kaum noch, mit
ihrem durchdringenden Klang alle aus dem Schlaf zu reißen die
Zwischenbilanz des integrativen Sommerzeltlagers des Lions Clubs. In den
Pfadfinderzelten auf einer Wiese des Krönhofs hat sich ein bunter Trupp
von 95 Jugendlichen zusammengerauft, um für zehn Tage auf den Luxus der
Zivilisation zu verzichten. Da spielt es keine Rolle, daß ein Teil der
Jungs und Mädels aus dem Ausland kommt, sozial benachteiligt ist oder
mit einer Körperbehinderung kämpfen muß.
Einen etwas seltsamen Eindruck macht das integrative
Camp allerdings schon: Da rasieren einige Jungs mit Rollstühlen über die
Wiese wie mildgewordene Rasenmäher über englische Grashalme, und zum
Mittagessen vertilgen ein paar hungrige Mäuler eine ganze Schüssel
voller Tischtennisballsuppe. So wild wie an diesem
Nachmittag geht es allerdings normalerweise nicht zu, denn diese
sonderbaren Erscheinungen sind Bestandteile des "Cap Handy", bei dem die
Jugendlichen an verschiedenen Stationen für kurze Zeit eine künstliche
Körperbehinderung "aufgebürdet" bekommen. Gehfähige müssen im "Rolli"
einen Parcours durch Mulden, Gräben und Schlaglöcher überstehen,
anschließend den Partner durch dieselben Schikanen befördern. Die
Gefühle von Menschen mit Sprachproblemen vermittelt die Station mit der
Tischtennisballsuppe: Aus den Mündern mit den überdimensionalen
Kaugummis müssen verschiedene Sätze das Trommelfell der anderen
möglichst verständlich erreichen. Durch die Welt der Blinden tastet sich
einstweilen eine andere Gruppe, wegen Augenbinden allein auf
Fingerspitzengefühl und Gehörsinn angewiesen.
Neben diesen spaßigen Aufgaben bleiben die Zeltbegeisterten auch von diversen Diensten nicht verschont. Damit der Grießbrei nicht im Topf mit Spaghettisoßenresten vom Vortag gekocht werden muß, ist jeden Tag eine der Zeltgruppen mit dem Abspülen an der Reihe. Mit den Tbiletten läuft es genauso, und für die unangenehmen Aufgaben winkt abends immer ein Lolly.
Aufeinander angewiesen
Gemeinschaft spielt bei den Jugendlichen eine wichtige Rolle. Besonders bei der Stadtrallye sind die einzelnen Gruppenmitglieder aufeinander angewiesen, wenn es in wilder Jagd quer durch Hersbruck geht: Einer muß den Rolli schieben, der nächste soll die Fenster am Nürnberger Tor zählen, und wieder ein anderer findet heraus, wie der Bürgermeister heißt. Gemeinsam haben die Teams ihre Aufgaben viel schneller gelöst und können früher in die kühlen Fluten im Bad springen. "Bei der Stadtrallye gibt es keine Sieger" , sagt Sanne, "bei uns hommt es auf den Teamgeist an". Sanne ist eine von 35 Teamerinnen und Teamern, größtenteils Pädagogik- und Sozialpädagogikstudenten, die die 60 Teilnehmer betreuen. Sie schickt die Gruppen mit einem kleinen blauen Heft durch das Nürnberger Tor auf Achse.
Warum das Querbeet-Camp gerade beim Krönhof stattfindet? "Hier ist es landschaftlich sehr schön", schwärmt Lagerleiter Arne Rüdinger, der Werkstoffwissenschaften studiert, "wir wollten diesmal in die Fränkische Alb". Seit zwölf Jahren zelten "Lions", Pfadfinder und ihre unterschiedlichsten Gäste im Sommer, und jedes Mal ist ein anderer Lions-Club des "District Franken, Opberpfalz, Niederbayern" mit Organisation an der Reihe. Diesmal hat es die Hersbrucker und Laufer Lions getroffen, besonders Stadtrat Friedrich Zink: Er hat den Zelttransport - Schlafzelte, Teamerzelte, Küchenzelt, Erste-Hilfe-Zelt, Tee-Zelt - übernommen. und zuvor auch verschiedene Plätze auf Eignung hin inspiziert.
Der Krönhof hat dabei das Rennen gemacht: Die Wiese ist relativ eben und trotz verregnetem Sommer nicht matschig, fast der ganze Platz liegt im Schatten, weil er von Bäumen begrenzt wird, und fließendes Wasser erreicht aus einer Leitung von dem Bauernhof die provisorischen Duschen. Natürlich hat der Zeltplatz auch die ideale Lage, daß weder zu viele Neugierige ihre Nase hereinstecken, noch eine kontinuierliche Geräuschkulisse von Autos heraufdringt. Nur am Sonntag bekommt das Lager Besuch: Zur Lagerolympiade sind nicht nur Eltern und Verwandte eingeladen, sondern auch die Mitglieder des Lions-Clubs.
Sina Gumann
Hersbrucker Zeitung vom Samstag/Sonntag, den 9./10.August 1997
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